Zwischen schnell und langsam – ohne Geduld geht gar nichts

Indien mit seinem riesigen Absatzmarkt und seinen top ausgebildeten jungen Menschen im IT-Sektor und der Forschung, ist ein vielversprechendes Terrain für sehr viele Unternehmen. Um dort erfolgreich zu arbeiten, ist vorab eine Menge an Geduld und Einfühlungsvermögen von Ihrer Seite gefragt. Gleichzeitig müssen Sie davon ausgehen, dass Ihre indischen Partner sich nicht genauso intensiv mit Ihrer Kultur auseinandersetzen. Schließlich sind Sie dort der Exot.

Täuschen Sie sich nicht. Egal wie westlich Ihnen Büros, Kleidung und Verhalten vorkommen mögen – Sie sind in einer völlig anderen Kultur. Bleiben Sie also feinfühlig. verhandeln in indien

Etikette

Zur Begrüßung wird man Ihnen entweder die Hand geben oder – wenn es sich um Hindus handelt – den „Namaste“-Gruß verwenden (Hände vor der Stirn zusammenlegen und kurzes Kopfnicken). Warten Sie also einfach ab und ahmen Sie nach. Ganz wichtig ist es, die Hierarchie zu beachten. Wer im Rang am höchsten steht, wird also zuerst gegrüßt. Wenn Sie sich unsicher sind, fragen Sie Ihre Kontaktperson vor Ort.

Wenn Sie als Mann eine Frau begrüßen ist es ratsam zu warten, ob sie Ihnen die Hand gibt. Falls Sie aber doch mal vorpreschen, ist es auch kein schlimmer Faux-pas.

Auch der Visitenkartenaustausch bedarf Ihrer Aufmerksamkeit: nehmen Sie die Karte mit der rechten Hand entgegen und verstauen Sie sie mit Sorgfalt – also nicht einfach in die hintere Hosenstasche stopfen.

Inder stehen auf Titel. Verwenden Sie also Titel und Nachname. Für die Inder ist es ein Ausdruck des Respekts und des guten Benehmens, sie auf diese Weise zu honorieren.

Sehr viel Wert wird in Indien auf persönliche Beziehungen gelegt. Sie sollten also Zeit in den Aufbau und die Pflege Ihrer Kontakte investieren. Ein guter Weg Vertrauen aufzubauen aufzubauen, ist ein Gespräch über die Familie. Anders als in anderen Ländern, ist das hier ein unverfängliches Thema. Fragen Sie also ruhig nach der Familie Ihrer Geschäftspartner.

Der Dresscode ist unkompliziert: ein leichter Anzug für Männer (auch ohne Krawatte) und ein Hosenanzug für Frauen ist ausreichend. Nehmen Sie ruhig etwas Warmes mit. In den runterklimatisierten Büros können Sie auch mal ins Frieren kommen. verhandeln in indien

Sprache

Sie denken vielleicht, die sprachliche Verständigung wird unproblematisch. Schließlich sprechen die Inder hervorragend Englisch. Gerade diese Annahme verführt viele westliche Geschäftsleute dazu, zu agieren als wären sie zuhause. Inder sprechen sehr durch die Blume. Dinge direkt auf den Punkt zu bringen, empfinden sie irritierend. Schalten Sie also lieber einen Gang zurück.

Inder sagen nicht gerne „nein“. Sie möchten damit ihr Gegenüber nicht verletzen. Also finden sie viele Wege, ein „nein“ zu verbrämen. „Wir werden sehen“, „es könnte schwierig werden“, „ich werde sehen, was ich tun kann“, sind indische Varianten, etwas abzulehnen. Pochen Sie nicht auf eine eindeutige Aussage. Sie bringen Inder damit in Verlegenheit.

Um eine klarere Antwort zu bekommen, können Sie z.B. nach Alternativen fragen: „Wann können wir uns treffen?“, „Bis wann kann ich mit einer Antwort rechnen.“

Inder scheinen ständig den Kopf zu schütteln. Dadurch kann man sich leicht brüskiert fühlen. Dabei wollen sie gar keine Ablehnung ausdrücken. Die Sache wird allerdings dadurch nicht leichter. Denn: es gibt verschiedene Arten den Kopf zu schütteln verhandeln in indien

Meetings

Obwohl Inder Wert auf Püntklichkeit legen, sollten Sie mit langen Meetings rechnen. Das liegt an den häufigen Unterbrechungen: Handys läuten; jemand wird aus dem Meeting geholt, weil er/sie etwas unterschreiben muss; neue Kollegen kommen hinzu. Selbst Ihre eigene Präsentation kann unterbrochen werden. Lassen Sie sich davon nicht irritieren. Es ist kein Zeichen von Desinteresse. Inder machen nur einfach viele Dinge zur gleichen Zeit.

Nicht selten werden Besprechungen in letzter Minute verschoben. Sie werden nicht viel tun können, außer ruhig Blut zu bewahren und nicht ärgerlich zu werden. Sie laufen sonst Gefahr, das Vertrauen zu verlieren. Das Vertrauen spielt bei geschäftlichen Entscheidungen aber mindestens eine genauso große Rolle, wie Statistiken und Daten. Gerade weil ein Gutteil Ihres Erfolges von der Beziehung zur Ihren Partnern abhängt, ist es ratsam, nicht aus der Rolle zu fallen. Und in diesem Fall ist die Rolle eben indisch. Behalten Sie immer im Hinterkopf: Sie sind einer/eine von vielen – ihre indischen Geschäftspartner in spe haben die Auswahl.

Lassen Sie Ihren indischen Kontakten den Vortritt, wenn es um die Zeitplanung geht. Wenn Sie um ein frühes Abendessen bitten, wird man höchstwahrscheinlich zustimmen (Sie erinnern sich – Inder sagen nicht gerne „nein). Wahrscheinlich sitzen Sie dann aber bis 21.00 alleine im Restaurant.

Auch beim Essen bestellen sollten Sie aufmerksam sein. Verzichten Sie auf Rindfleisch, wenn Hindus anwesend sind und auf Schweinefleisch, wenn Moslems am Tisch sitzen. verhandeln in indien

Kulturschock

Wenn Sie zum ersten Mal in Indien sind, stellen Sie sich sicher auf einen Kulturschock ein. Im geschäftlichen Rahmen sollten Sie vor allem zwei Dinge immer im Auge behalten.

  • Indien ist das lebende Paradoxon von „schnell“ und „langsam“. Auch wenn Sie aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung zurecht die Erwartung haben, alles werde ganz schnell gehen, werden Sie genauso komplett gegenteilige Erfahrungen machen.
  • Inder scheinen es in den Genen zu haben, mit Veränderungen völlig gleichmütig umzugehen. Für viele westliche Geschäftsleute kann das geradezu provokant wirken. Für Inder ist es aber nur logisch: die Welt ist im stetigen Wandel, . Warum also sollte es in ihrem eigenen Mikrokosmos anders sein? Schauen Sie sich am besten ab, wie elegant die Inder mit den Unwägbarkeiten umgehen.

Geduld, Geduld und nochmals Geduld – das sollten Sie im Gepäck haben. Sie können sich wundern wie und sooft Sie wollen, aber Sie sollten niemals die Geduld verlieren. Nicht vor sich selbst und auf gar keinen Fall vor Ihren indischen Partnern.

Links zum Weiterlesen:

In Indien verhandelt man nicht

Knigge

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Prof. (op) Göran Askeljung, BcEE – ist Geschäftsführer und Senior Trainer bei Askeljung Associates und immediate effects Ltd., Certified Facilitator und Partner von Consensus in NY, und Leitet Consensus Österreich und Deutschland. Er ist Vorstandsmitglied in der Schwedischen Handelskammer in Österreich und Mitglied des Beirats von WdF. Er war früher u.a. als Managing Director von Microsoft MSN in Österreich und Geschäftsbereichsleiter von Ericsson Data CEE in Wien tätig.

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