Auszeit – die Macht der Pause

Wenn es in schwierigen Verhandlungen knifflig wird , oder der Ton am Tisch aggressiv wird, muss man als Verhandlungsführer schnell einschreiten. Es braucht ein Werkzeug, das allen Beteiligten hilft, wieder einen klaren Kopf zu bekommen. An die einfachste Methode wird dabei viel zu selten gedacht: die Pause.

„Pausen werden ja sowieso gemacht: Kaffeepause, Mittagspause und wieder Kaffeepause. Wozu noch mehr Zeit verschwenden“. Wird es schwierig, wollen wir schnell aus der Situation raus. Eine Pause würde unser Unwohlsein jedoch nur verlängern. Vielleicht befürchten wir auch, unsicher zu wirken, wenn wir nicht beinhart bleiben.

Aber: Nachdenken ist niemals und in keinem Fall ein Fehler. Gestehen Sie sich und den anderen ruhig zu, dass Sie die neue Situation erstmal bewerten wollen.

Setzen Sie die Pause also ganz bewusst ein und nutzen Sie sie auch bewusst.

Dazu beantworten Sie als Erstes zwei Fragen:

  1. Warum brauchen ich und mein Team jetzt eine Auszeit?
    Wurden Sie oder jemand aus Ihrem Team z.B. verbal attackiert? Werden plötzlich neue Forderungen gestellt? Stimmt die Chemie einfach nicht? Ist jemand in eine Fettnäpfchen getreten? Haben Sie das Gefühl, zu schnell Zugeständnisse gemacht zu haben und fühlen sich jetzt übervorteilt? Egal was es ist, benennen Sie es.
  2. Wie will ich nachher wieder an den Verhandlungstisch treten?
    Möchten Sie vielleicht bestimmte Fragen klären? Möchten Sie das schlechte Verhandlungsklima ansprechen (der rosa Elefant am Tisch, den alle sehen, aber niemand anspricht sorgt für Unsicherheit bei allen)? Möchten Sie nochmal einen Schritt zurück? Wollen Sie eine neue Person mit an den Tisch holen?

Das kann eine Auszeit verhindern

Eine Auszeit verhindert drei kontraproduktive Verhaltensweisen, zu denen wir greifen, wenn wir unsicher werden: Angriff und Gegenangriff, Opferverhalten und Verhandlungsabbruch.

Angriff und Gegenangriff

Ein Angriff trifft uns immer. Egal wie ausgeglichen oder professionell wir sind. Wir bemerken: jemand möchte uns herabsetzen. Gerade wenn andere Menschen mit am Tisch sitzen, fühlen wir uns empfindlich verletzt. Der Impuls möchte uns vielleicht zum Gegenangriff verleiten. Was dann aber passiert, ist klar: das Vertrauen ist dahin und alle lauern auf den nächsten Angriff.

Opferverhalten

Halten wir die unangenehme Spannung nicht mehr aus, sind wir gewillt einen vorschnellen Kompromiss einzugehen. Die Taktik des Gegenübers war also erfolgreich – kein Grund für ihn etwas zu ändern.

Verhandlungsabbruch

Kommt es hart auf hart, kann eine Auszeit auch einen Abbruch verhindern. Eine solche Auszeit kann dann auch schon mal ein paar Monate dauern.

Wenn Sie auf provokantes oder aggressives Verhalten so reagieren, wie die Mehrzahl, erfüllen Sie die Erwartungshaltung des anderen. Damit geben Sie das Ruder aus der Hand. Zeigen Sie sich souverän. Sagen Sie, dass jetzt wohl der richtige Zeitpunkt für eine Pause ist, legen Sie bei kurzen Pausen die Zeit fest und stehen Sie auf.

Nun ist es ja leider so, dass wir in Momenten unter Druck unsere Werkzeuge nicht parat haben, einfach nicht dran denken. Das gilt vor allem für neu erlernte Werkzeuge. Sie werden also einen Anker brauchen. Nehmen Sie z.B. ein grelles Post-It und schreiben ein dickes „P“ für Pause drauf.

Arten der Auszeit

Sie haben verschiedene Möglichkeiten, eine Auszeit zu nehmen. Manche Auszeiten nehmen Sie nur für sich. Sie müssen dafür nicht mal aufstehen. Goldene Regel: Gehen Sie niemals auf einen Angriff ein. Sie sind souverän und brauchen das nicht.

  • Mental: Sie stellen für sich im Stillen fest, dass etwas unstimmig ist, atmen bewusst durch und notieren kurz Ihre Eindrücke. Weil Sie sich schnell wieder einklinken wollen, brauchen Sie ein paar Punkte, an denen Sie sich orientieren. Empfehlenswert ist z.B. die APO-Strategie.
    Annehmen: Sie nehmen die Situation an, ohne sie oder den Akteur zu bewerten
    Problembewusstsein: Sie verstehen das problematische Verhalten. Bitte nicht mit „einverstanden sein“ verwechseln
    offene Frage: Sie stellen eine offene Frage und hören aktiv zu. Damit haben Sie gute Chancen das aggressive Verhalten zu unterbrechen.
  • zeitlich/räumlich: Sie bitten um eine allgemeine Pause. Sprechen Sie ruhig an, warum. Wenn Sie wahrnehmen, dass es hitzig zugeht – sagen Sie es. Wenn Sie das Gefühl haben, Ihr Gegenüber verärgert zu haben – sagen Sie es. Zeigen Sie sich empathisch, indem Sie auch das Pausenbedürfnis der anderen wahrnehmen. Sie glauben gar nicht, wie gut der Satz ankommt „Das waren jetzt intensive 2 Stunden für Sie und mich. Ich glaube wir brauchen jetzt alle eine Pause.“

Ablauf einer Auszeit

  1. Formulieren Sie was Sie wahrnehmen und begründen Sie so den Wunsch nach einer Pause. Sagen Sie, dass die Pause dazu dient, die Gedanken zu ordnen. Flüchten Sie sich nicht in ein dahingenuscheltes „Kaffeepause“. Bleiben Sie klar. So sehen alle, dass Sie die Situation richtig einschätzen.
  2. Ziehen Sie sich – ev. mit Ihrem Team – zurück und besprechen Sie sich. Teilen die anderen Ihre Wahrnehmung? Warum sehen Sie die Verhandlung gefährdet? Welches Ziel möchten Sie nach der Pause erreichen (Nochmals auf Verhandlungskultur einigen? Bestimmte Fragen klären? Nochmal gemeinsames Ziel definieren? Wahrnehmung abgleichen?)
  3. Versierte Verhandler und Verhandlerinnen machen jetzt ein Übung, die sehr viel innere Sicherheit verlangt: sie versetzen sich in die Lage der anderen Seite und verstehen den Grund des Verhaltens. Bauen Sie keinesfalls ein Feinbild auf. Zu Beginn wird Sie das viel Überwindung kosten. Mit der Zeit wird es ein automatischer Ablauf, den Sie einfach nur in Gang setzen müssen.

Wenn Sie zurück an den Verhandlungstisch gehen, können Sie sicher sein, dass auch Ihr Gegenüber die Zeit genutzt hat. Auf jeden Fall haben Sie Ihre Position als souveränen, professionellen Verhandlungspartner deutlich gemacht.

Prof. (op) Göran Askeljung, BcEE – ist Geschäftsführer und Senior Trainer bei Askeljung Associates und immediate effects Ltd., Certified Facilitator und Partner von Consensus in NY, und Leitet Consensus Österreich und Deutschland. Er ist Vorstandsmitglied in der Schwedischen Handelskammer in Österreich und Mitglied des Beirats von WdF. Er war früher u.a. als Managing Director von Microsoft MSN in Österreich und Geschäftsbereichsleiter von Ericsson Data CEE in Wien tätig.

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