Aktives Zuhören – Hören mit Mehrwert

Aktives Zuhören ist eine Kunst, die die meisten Menschen nicht automatisch beherrschen. Unser Ego und unser Wille unsere Standpunkte durchzusetzen sind uns dabei im Weg. Für eine gute Verhandlungsbasis ist es aber unbedingt empfehlenswert, sich mit dem aktiven Zuhören auseinanderzusetzen und es im besten Fall auch anzuwenden.

Aktives Zuhören ist zuallererst eine Haltung. Nur wenn Sie völlig von der positiven Wirkung überzeugt sind, ist es sinnvoll, sich mit ein paar Regeln vertraut zu machen. Die Regeln selbst sollten lediglich als Stütze dienen, die Ihnen helfen auch in kniffligen Situationen klar zu bleiben.

Voraussetzung für aktives Zuhören

Als erstes sollte man sich klar machen, dass man eventuell in Vorleistung tritt. Nämlich dann, wenn z.B. die Verhandlungspartner das aktive Zuhören nicht praktizieren. In diesem Fall kann es leicht passieren, dass man auch wieder in alte Kommunikationsmuster rutscht: der andere wird beim Reden unterbrochen; man denkt „ach, ich weiß sowieso schon was er/sie sagt“ und beginnt bereits im Stillen an der Antwort zu arbeiten, statt weiter aufmerksam zuzuhören; man wird ungeduldig und ärgerlich, ob des „Unsinns“ oder der völlig überzogenen Vorstellungen.

Versuchen Sie – auch wenn es schwer fällt – weiterhin zugewandt zu bleiben. Machen Sie sich klar, dass Sie offenbar einen Vorsprung in der Verhandlungsführung haben und damit auch einen Vorteil.

Geben Sie Ihrem Gegenüber das, was Sie sich selbst auch wünschen: ohne Vorurteile wahrgenommen und gehört zu werden. Ihre Haltung wird Signalwirkung haben.

Was es bringt

1. Verhandlungsklima ohne Aggressivität

Egal vor welcher Verhandlungssituation Sie sich befinden – durch aktives Zuhören schaffen Sie ein Klima frei von Aggressivität. Das kann vor allem bei ungeduldigen Verhandlungspartnern enorm hilfreich sein. Durch Ihre zugewandte Haltung erzielen Sie auf jeden Fall einen Überraschungseffekt. Nun gibt es verschiedene Theorien dazu, wie unser Gehirn auf Überraschungen reagiert: die einen besagen, dass durch Überraschungen unser Belohnungssystem aktiviert wird. Andere haben herausgefunden, dass unser Gehirn Überraschungen nicht besonders gern hat. Ich denke, es lohnt auf jeden Fall den Versuch. Wenn Sie Ihr Gegenüber aufmerksam beobachten – was Sie ja ohnehin beim aktiven Zuhören tun –  werden Sie herausfinden, worauf er oder sie positiv, bzw. ablehnend reagiert.

2. Gefühle gehören dazu

Wir möchten ja gerne von uns denken, dass wir völlig rational in Verhandlungen gehen. Wir sind vorbereitet, haben Fakten recherchiert und unsere Interessen definiert. Aber unsere Gefühlswelt ist immer und überall ein Teil von uns und beeinflusst unsere Handlungen. Dem Gegenüber geht es genauso. Beim aktiven Zuhören sind Sie sich dessen völlig bewusst. Sie können aufkommende negative Gefühle wie Unsicherheit oder Angst offen ansprechen und versuchen herauszufinden, was dahinter steckt. So können Sie verhindern, dass das Gesprächsklima sich verhärtet.

3. Führen durch Zuhören

Das aktive Zuhören ermöglicht es Ihnen, eine echte Verbindung zu Ihrem Gesprächspartner herzustellen. Hören Sie wirklich zu, ohne zu bewerten, können Sie echtes Verständnis aufbringen. Sie sind bereit, die Wirklichkeit des anderen zu akzeptieren und zu verstehen.  Dadurch ist es Ihnen möglich, sozusagen von zwei Positionen aus zu starten. Simpel ausgedrückt: es ist doch besser, zwei Welten zu verstehen, als nur eine.

4. Mehr Informationen

Was Sie selbst zu sagen haben, kennen Sie schon. Nur durch zugewandtes Zuhören können Sie mehr erfahren. Durch Beobachtung auch nonverbaler Zeichen, Nachfragen, Zusammenfassen bekommen Sie viele Informationen. Informationen, die selbst Ihr Gesprächspartner vielleicht gar nicht für wichtig hält. Wenn es Ihnen gelingt, zunächst alles völlig bewertungsfrei aufzunehmen, beugen Sie nicht nur Mißverständnissen vor, sondern sind auch offen für neue Lösungswege.

Im nächsten Beitrag lesen Sie, wie Sie aktives Zuhören umsetzen können.

 

Prof. (op) Göran Askeljung, BcEE – ist Geschäftsführer und Senior Trainer bei Askeljung Associates und immediate effects Ltd., Certified Facilitator und Partner von Consensus in NY, und Leitet Consensus Österreich und Deutschland. Er ist Vorstandsmitglied in der Schwedischen Handelskammer in Österreich und Mitglied des Beirats von WdF. Er war früher u.a. als Managing Director von Microsoft MSN in Österreich und Geschäftsbereichsleiter von Ericsson Data CEE in Wien tätig.

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