Konflikte lösen durch Mediation und Mehrwert schaffen

Der letzte Beitrag hat sich mit einem grundlegenden Widerspruch auf dem Gebiet der Mediation beschäftigt. Mediation hat ohne Frage einen guten Ruf. Viele Unternehmen würden ihr gegenüber einem Gerichtsverfahren den Vorzug geben. Im Konfliktfall warten aber trotzdem viele Unternehmen, bis ihr Konflikt vor Gericht ausgetragen werden muss.

Als Gründe sind einerseits Unsicherheit zu nennen, weil es keine Kenntnis über Ablauf oder Verfahren einer Mediation gibt. Oft wird zu außerdem zu lange gewartet, der Konflikt quasi ausgesessen. Sind die Fronten verhärtet, bleibt fast nur noch der Weg zu Gericht. Die nicht messbaren Kosten von Konflikten (mangelnde Motivation der Mitarbeiter, Imageverlust o.ä.) sind den Unternehmen – da sie nie im Controlling auftauchen – nicht bewußt. Gerade präventiv eingesetzt, kann die Mediation aber dafür sorgen, dass diese Kosten erst gar nicht anfallen und sogar noch Mehrwert schaffen.

Mehrwert der Mediation

Beschränkt man sich im Bereich der Kosten nur auf das Einsparungspotential (also welche Kosten kann ein Unternehmen vermeiden), vernachlässigt man einen ganz wesentlichen Vorteil der Mediation: der Mehrwert, der erst durch ein mediatives Verfahren entsteht. Zu den wesentlichen Punkten zählen:

  • erhöhte Mitarbeitermotivation
  • geringere Fluktuation
  • bessere Teamarbeit
  • besseres Image in der Öffentlichkeit (z.B. als familienfreundlicher Arbeitgeber)
  • höhere Identifikation der Mitarbeiter mit den Unternehmenszielen

Diese Faktoren wiederum führen zu weniger internen Konflikten. Auch wenn sich das kalkulatorisch nicht abbilden lässt, ist doch klar, dass die Investition in Mediation sich langfristig leistungssteigernd bemerkbar macht.

Selbst wenn ein Konflikt erkannt und intern systematisch behandelt wird, gibt es fast immer einen Punkt, der vernachlässigt wird: die Qualitätssicherung. Die Nachvollziehbarkeit des Prozesses ist umso wichtiger, weil die Wirkung des Konfliktmanagements – wie bereits beschrieben – oft nicht in Zahlen gemessen werden kann. Wie bei der Frage nach der bevorzugten Lösungsvariante (gerichtliches oder außergerichtliches Verfahren), klaffen Wunsch und Realität auseinander. Grundsätzlich ist den Unternehmen die Qualitätssicherung in der Konfliktbearbeitung wichtig. Nur existieren so viele Vorbehalte, dass sie in intern gemanagten Konflikten sehr selten durchgeführt wird (PWC 2005). Die Gründe sind vielfältig:

  • Personalknappheit
  • Befürchtung, die Flexibilität im Verfahren zu verlieren
  • Durchführung und Qualitätssicherung läuft in einer Person zusammen
  • Budgetdruck

Meist fehlt die Verbindlichkeit, für eine nachvollziehbare Dokumentation Sorge zu tragen. Im Arbeitsalltag wird die Dokumentation bei zeitlichen oder budgetären Engpässen von der Agenda gestrichen. So wird die Chance vergeben, aus dem Prozess zu lernen.

Durch die Einbeziehung einer neutralen dritten Partei dagegen kann die Qualitätssicherung verbindlich festgelegt werden.

Grundlagen gelingender Verhandlungsführung

Nicht immer führen unterschiedliche Vorstellungen zu einem Konflikt. Wenn die handelnden Parteien z.B. zu Beginn der Verhandlungen ihre Positionen verwenden, um gemeinsame Interessen zu definieren, geht ihr Blick in die gleiche Richtung. Damit bündeln sie ihre Kräfte und haben mehr Aussicht auf Erfolg (Fisher, Ury, Patton, 2004). Diese kollaborative Art der Verhandlung bringt am Ende eine Lösung, von der beide Parteien profitieren. Im Gegensatz dazu sind Kompromiss-Lösungen oft für beide Seiten unbefriedigend. Ein Kompromiss bedeutet immer, etwas aufzugeben. Daraus erwächst die mißtrauische Annahme, man selbst habe mehr geopfert, als die Gegenseite (Zafar, Ashfaq, Ali, Imran; 2014)

Wenn es den Verhandlungspartnern gelingt, von den eigenen Positionen weg und hin zu gemeinsamen Interessen zu denken, haben sie schon unter Beweis gestellt, dass sie über bestimmte „internal skills“ verfügen, die gute Verhandlungsführer ausmachen:

  • Empathie
  • aktives Zuhören
  • bewertungsfreies Agieren
  • Vertrauen
  • Verlassen der eigenen Position und Einnehmen anderer Blickwinkel

Nicht immer aber sitzen sich gute, geübte Verhandlungsführer gegenüber: der Drang, die eigene Sache durchzufechten ist im Weg, die Kommunikation unterliegt einer permanenten Störung.

Grundlagen gelingender Mediation

Frei von einer eigenen Agenda, wird ein Mediator genau diese Fähigkeiten einsetzen. Sein Ziel: das gegenseitige Verständnis für die Anliegen des Gegenübers zu fördern. Sobald Störungen in der Kommunikation auftreten, kann der Mediator eingreifen und eine drohende Verhärtung der Fronten verhindern. Denn JEDE Störung der Kommunikation ist ein Angriff auf das Vertrauen in die guten Absichten des Verhandlungspartners.

Für die Beteiligten kostet es viel Mühe und Energie, sich bestimmter, hinderlicher Gewohnheiten zu entziehen. Dazu gehören

  • die Bewertung in „Richtig/Falsch“;
  • das Beschuldigen der anderen Seite;
  • der Glaube alles Agieren dient dem Angriff der eigenen Person/Organisation;
  • Gefühle als einzigen Wegweiser zu nutzen, statt als Landkarte der Möglichkeiten.

Den wenigsten ist bewusst, dass es zu diesen Verhaltensmustern weit produktivere Alternativen gibt. Wo das Bewusstsein fehlt, kann auch kein Umdenken erfolgen.

Aktives Zuhören ist die Schlüsselqualifikation

Auf dem Weg zu einer gelingenden Kommunikation führt kein Weg am aktiven Zuhören vorbei. Aber genau dieser Punkt ist enorm herausfordernd und störungsanfällig. Denn statt wirklich zuzuhören und Fragen zu stellen, wird im Kopf doch meist bereits die Antwort formuliert. So entgehen wichtige Informationen und Missverständnissen wird es leicht gemacht. Wenn man sich die Definition von Carl R. Rogers ansieht, wird schnell klar, dass die Anforderungen für aktives Zuhören die Verhandlungspartner schnell überfordern können (Rogers, 1985):

Grundlagen aktiven Zuhörens:

  1. Empathische und offen Grundhaltung
  2. Authentisches und kongruentes Auftreten
  3. Akzeptanz und positive Beachtung der anderen Person

Erreicht wird das durch folgende Bedingungen:

  • Sich auf das Gegenüber einlassen, konzentrieren und dies durch die eigene Körperhaltung ausdrücken
  • Mit der eigenen Meinung zurückhaltend umgehen
  • Nachfragen bei Unklarheiten
  • Zuhören heißt nicht gutheißen
  • Pausen aushalten, sie können ein Zeichen für Unklarheiten, Angst oder Ratlosigkeit sein
  • Auf die eigenen Gefühle achten
  • Die Gefühle des Partners erkennen und ansprechen
  • Bestätigende kurze Äußerungen
  • Geduld haben und den Sprecher nicht unterbrechen, ausreden lassen
  • Blickkontakt halten
  • Sich durch Vorwürfe und Kritik nicht aus der Ruhe bringen lassen
  • Empathie ausüben und sich innerlich in die Situation des Sprechers versetzen

Für den Mediator gehört das aktive Zuhören zur Grundausstattung und gilt als wichtigstes Werkzeug. Nicht nur, weil es ihm oder ihr als neutraler Partei leichter fällt, sondern weil es integraler Bestandteil der Ausbildung und durch viele Verhandlungen hindurch als gute Gewohnheit gefestigt ist.

 

Literatur

Prof. Dr.Lars Kirchhoff; Nicole Becker; Michael Hammes; Thomas Knobloch; Felix Wendenburg (2013); Konfliktmanagement als Instrument werteorientierter Unternehmensführung; PricewaterhouseCoopers und Europa Universität Viadrina, Frankfurt/Oder

Ulla Gläßler; Michael Hammes; Lars Kirchhoff (2016); Konfliktmanagement in der deutschen Wirtschaft – Entwicklung eines Jahrzehnts; PricewaterhouseCoopers und Europa Universität Viadrina, Frankfurt/Oder

Alexander Insam; Bernd Lichtenauer; Anne-Cathrine Poirier; Christoph Sochart (2012); Best Practice Konfliktkostenmanagement; Düsseldorf

Oliver Ahrens; www.konfliktkostenrechner.de

Michael Schmidt (2014); Betriebliches Konfliktmanagement als Führungsaufgabe; Heidelberg

Louis R. Pondy (1992); Reflections on organizational conflict; Journal of organizational behaviour, 13, S 257-261

Friedrich Glasl (2009); Konfliktmanagement – ein Handbuch für Führungskräfte, Beraterinnen und Berater; Bern, Stuttgart, Wien

http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/78128/konflikt-v7.html

Roger Fisher; William Ury; Bruce Patton (Hrsg) (2009); Das Harvard Konzept; Frankfurt/Main, New York

Carl R. Rogers (1985); Die nicht-direktive Beratung. Counseling and Psychotherapy; Frankfurt/Main

F. Zafar; H. Ashfaq; A. Ali; M. Imran (2014); Conflict Resolution in Organizational Conflict through strategic Management in: International Journal of Sciences: Basic and Applied Research, 14, S. 1-15

Prof. (op) Göran Askeljung, BcEE – ist Geschäftsführer und Senior Trainer bei Askeljung Associates und immediate effects Ltd., Certified Facilitator und Partner von Consensus in NY, und Leitet Consensus Österreich und Deutschland. Er ist Vorstandsmitglied in der Schwedischen Handelskammer in Österreich und Mitglied des Beirats von WdF. Er war früher u.a. als Managing Director von Microsoft MSN in Österreich und Geschäftsbereichsleiter von Ericsson Data CEE in Wien tätig.

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