Ich höre – aber ich höre nicht zu: Wie wir negative Kritik ausblenden

„Ich hätte gerne Dein Feedback dazu“. Wirklich? Oder eher: „Ich hätte gerne Dein positives Feedback dazu.“

Wenn es um Feedback geht, erhoffen wir uns – wie damals als Kinder – Lob und Anerkennung. Natürlich rechnen wir auch mit Kritik. Die aber bitte schön verpackt im zwei positive Sandwichhälften. Die unschöne Mitte können wir dann besser verdauen, falls wir sie überhaupt noch wahrnehmen.

Eine der wichtigsten Regeln, wenn es um Feedback geht ist deshalb: Frage nur, wenn Du auch mit Kritik leben kannst.

Als nächstes sollten Sie sich fragen, warum Sie Feedback wünschen.

  • Wollen Sie sich versichern, dass sich alle über Ihre hervorragende Arbeit einig sind? Oder möchten Sie Ihr Selbstbild hinterfragen?
  • Scheuen Sie insgeheim die Anstrengung einer Korrektur? Oder sind Sie bereit die Mühe einer Kurskorrektur vorzunehmen?
  • Sind Ihre Arbeit und Ihre Person eine Einheit? Oder können Sie Ihre Arbeitsleistung und Ihre Person voneinander trennen?
  • Suchen Sie sich Feedbackgeber mit sicherem Ausgang? Oder trauen Sie sich auch an Personen, die Ihnen eher Kontra geben?

Oft bekommen wir Feedback, ohne darum gebeten zu haben. Z.B. in Form eines Mitarbeitergesprächs. Dann sind wir vermutlich innerlich schon besser gewappnet. Wir rechnen damit, dass neben Lob und Anerkennung natürlich auch die weniger gelungenen Punkte angesprochen werden.

Aber auch dann und auch wenn wir bereits sehr reflektiert an die Sache rangehen, werden wir negativem Feedback vermutlich spontan mit Abwehr begegnen.

3 Wege negatives Feedback zu ignorieren

Auf Kritik reagieren wir in Sekundenschnelle. Unser Körper zeigt Stresssymptome. Unsere Gedanken machen sich selbständig. Das ist erstmal völlig in Ordnung. Wir können gegen das Auftreten dieser Reaktionen nicht viel tun. Sie sind seit der Steinzeit als Überlebensmechanismus ein Teil von uns. Wichtig ist es, nach dem ersten Schreck (selbst wenn erahnt), nicht auf diese Reaktionen reinzufallen. Die ersten Sekunden sollen nicht Ihr weiteres Handeln bestimmen. Lassen Sie sie ziehen, atmen Sie durch.

Anschließend sind Sie sicher in der Lage, das Feedback professionell zu nehmen.

Wie gesagt – negative Kritik löst fast unweigerlich Stress aus. Stress wiederum versetzt uns zurück in die Zeit, als wir Auge in Auge mit dem Säbelzahltiger standen. Lange, lange vorbei – aber unser Gehirn (genauer gesagt die vergleichsweise kleine Amydgala) tut so, als sei das erst gestern gewesen. Dann bleiben unserem inneren Neandertaler nur noch drei Möglichkeiten: Flucht – Totstellen – Angreifen

Meist hat jeder Mensch seine eigene bewährte Taktik. Was sinnvoll ist, weil in lebensbedrohlichen Situationen schnell entschieden werden muss. Schauen Sie also mal, welche Ihre Hauptstrategie ist.

Flucht

Vor negativer Kritik zu flüchten heißt nicht, den Raum verlassen. Der Fluchtmodus zeigt sich in unserem zivilisierten Leben ganz anders.

  • Vermeidung: Wenn das so ist, dann kündige ich eben.
  • Gegenbeweis: Andere sehen das ganz anders
  • Negieren: Das tu ich nicht!

Totstellen

Wer sich totstellt, macht sich ganz klein und noch ein bißchen kleiner. So lange, bis der andere ihn nicht mehr sieht. Oder aber, man verschließt die Augen, bis man den anderen nicht mehr sieht. Ähnlich wie kleine Kinder, die ihre Augen verschließen und von ihrer Eigenwahrnehmung („ich sehe nichts“) auf ihre Umwelt schließen („also seht ihr auch nichts“)

  • Ablenken: Um dieses Thema geht es doch eigentlich gar nicht. Das war gar nicht meine Frage.
  • Abwerten: Mein Gegenüber hat doch eigentlich gar keine Ahnung
  • Umdrehen: Stimmt, aber genau das finde ich gut.
  • Kleinreden: na so schlimm ist das auch wieder nicht.

Angreifen

Der Angriff als aggressivste Form führt meist wieder zu einem Gegenangriff. Aus diesem Kreislauf ist es besonders schwer auszubrechen.

  • Beschuldigen: Das liegt nicht an mir. Schuld sind andere.
  • Widerlegung: Es gibt genug Gegenbeispiele
  • Gegenangriff: Vielleicht hab ich das gemacht. Aber Sie haben dieses und jenes gemacht!
  • Übertreiben: Das ist wirklich furchtbar. Ich bin unmöglich.
  • Ins Lächerliche ziehen: Da bin ich wirklich dankbar, dass ich hier noch arbeiten darf.

Es ist gar nicht besonders wichtig, speziell auf Ihre eigenen Muster zu reagieren. Machen Sie sich nur bewusst, dass Sie eines haben und welches es ist. Sobald Sie erkennen, dass Sie sich im Gefahrenmodus befinden, wissen Sie, dass Ihr Körper gerade einfach seinen Job macht. Den Job, der uns über Millionen Jahre das Überleben gesichert hat. Vielleicht wird es mal eine Zeit geben, in der unser Gehirn sich an die modernen Gegebenheiten angepasst hat. Bis dahin können wir einfach nur mit unserem Wissen dagegenhalten.

Prof. (op) Göran Askeljung, BcEE – ist Geschäftsführer und Senior Trainer bei Askeljung Associates und immediate effects Ltd., Certified Facilitator und Partner von Consensus in NY, und Leitet Consensus Österreich und Deutschland. Er ist Vorstandsmitglied in der Schwedischen Handelskammer in Österreich und Mitglied des Beirats von WdF. Er war früher u.a. als Managing Director von Microsoft MSN in Österreich und Geschäftsbereichsleiter von Ericsson Data CEE in Wien tätig.

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