Selbsterkenntnis macht bessere Führungskräfte

Obwohl man immer wieder liest, dass in Unternehmen mehr und mehr Wert auf „soft skills“ gelegt wird, hapert es in der Realität noch oft am Willen, diesen Wunsch auch wirklich umzusetzen. Meist punkten Zahlen doch mehr als emotionale Intelligenz. Vermutlich weil man das eine besser messen kann, als das andere.

Ich kann nachvollziehen, dass man in Managementkreisen diesem Gedanken skeptisch gegenübersteht. Wir sind es nun mal gewohnt, vor allem rational zu entscheiden und Fakten fast immer den Vorzug zu geben. Was soll also das Gerede von Achtsamkeit und Selbsterkenntnis? Betreiben wir dann nicht allesamt selbstverliebte Nabelschau? Reicht es denn nicht, wenn ich objektiv beurteile, Leistungen vergleiche und Zahlen gegenüberstelle?

Vielleicht reicht das. Es mag manchmal genau das Richtige, Leistungen zu vergleichen und Zahlen gegenüberzustellen. Wir alle haben aber viele Facetten und diese Strategie spricht genau nur eine davon an: unseren Wunsch Leistung zu bringen und besser zu werden. Aber es ist viel mehr möglich, wenn man ein breiteres Spektrum an Strategien zur Hand hat. Genau das ermöglicht die emotionalen Intelligenz. Der Weg zu ihr führt ohne Ausnahme über die Selbsterkenntnis. Selbsterkenntnis für Führungskräfte

Sich selbst kennen macht frei

Also, was ist nun dran an der Selbsterkenntnis? Warum ist sie denn so grundlegend wichtig für unsere Empathie und unsere emotionale Intelligenz?

Am Beginn steht das Bewußtsein, dass alle Gefühle und Emotionen in uns existieren dürfen. Unsere eigenen und die der anderen. Gefühle und Emotionen sind dabei zu unterscheiden. Gefühle sind körperliche Signale unserer Emotionen. Ein paar Beispiele zu Verdeutlichung:

  • ein schnellerer Atem macht sich bei Angst bemerkbar
  • ein roter, heißter Kopf bei Aufregung
  • ein Kribbeln in den Beinen bei Zorn

Wie sich die Emotionen in unseren Körpern zeigen ist unterschiedlich. Wer die eigenen Signale kennt, der weiß was Sache ist. Der Vorteil: man fühlt sich seinen Emotionen nicht mehr ausgeliefert. Die Emotionen werden nicht mehr als unabänderlicher Bestandteil der eigenen Person verstanden. Statt dessen wissen wir, dass wir uns entscheiden können, wir wir auf sie reagieren. Wir sind nicht mehr „gezwungen“ bei Zorn cholerisch unser Team zusammenzubrüllen. Bei Aufregung können wir statt auf den roten Kopf und spöttische Kommentare zu warten, aktiv werden. Wir können z.B. überlegen welche schwierigen Situationen wir schon gemeistert haben. So sammeln wir Selbstbewußtsein (oder wir greifen zu dem schönen alten Trick und stellen uns alle Anwesenden in Unterhosen vor). Wir sind nicht mehr unsere Gefühle. Stattdessen können wir entscheiden, wie wir mit ihnen umgehen. Klingt doch ganz erstrebenswert.

1:0 für die Selbsterkenntnis. Selbsterkenntnis für Führungskräfte

Sich selbst kennen bereichert die Mitmenschen

Wenn wir unsere Muster kennen, verstehen wir z.B. besser, was uns in Stress versetzt und was uns dann hilft. Wir können uns also besser um uns selbst kümmern. Dabei verfolgen wir kein egoistisches Ziel – oder kein rein egoistisches Ziel. Wir können uns so auch besser um andere kümmern. Es ist ein bißchen so wie im Flugzeug: die Eltern legen sich erst selbst die Sauerstoffmasken an, bevor sie sich um die Kinder kümmern. Als Kind fand ich das immer empörend. Inzwischen hab ich selbst Kinder und verstehe nun besser, warum das sinnvoll ist.

Wenn wir verstehen, was unsere Emotionen manchmal mit uns anstellen, sind wir imstande zu erkennen, was unsere Mitmenschen umtreibt. Ganz offensichtlich ist das ein großartiges Werkzeug, für alle die eine Führungsposition inne haben. Sie

  • reagieren selbst nicht emotional, sondern besonnen
  • können anderen einen Weg aus dem Gefühlsgefängnis zeigen
  • können ganze Teams situationsflexibel führen

Eine gute Selbsterkenntnis macht Sie außerdem zu einer authentischen Person. Das bedeutet, Sie handeln entsprechend Ihrer Werte. Das wiederum bedeutet, Sie sind überzeugender und können besser motivieren.

Und noch ein Plus: Sie sind weniger gefährdet, Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach persönlicher Vorliebe zu behandeln.

2:0 für die Selbsterkenntnis. Selbsterkenntnis für Führungskräfte

Sich selbst kennen korrigiert unser Selbstbild

Sich selbst korrekt einzuschätzen ist eine hohe Kunst. Sie liegt genau da, wo Selbstüberschätzung und dauernde Selbstgeißelung niemals einen Fuß hinsetzen würden. Zwar mag im ersten Fall die fachliche Leistung stimmen. Aber wo Führung gefragt ist, reicht das schon lange nicht mehr. Wer sich dagegen permanent selbst runtermacht, hat zwar Mitarbeiter, die frei von Angst sind, aber er kann sie nicht für eine gemeinsame Vision begeistern.

Eine gute Selbsterkenntnis verhindert beides. Sie hilft uns, uns von außen zu betrachten und uns so zu erkennen, wie uns die anderen wahrnehmen. Nicht immer sehr angenehm, aber für die Weiterentwicklung unverzichtbar.

3:0 für die Selbsterkenntnis. Selbsterkenntnis für Führungskräfte

Und immer wieder….

üben, üben, üben. Auch das unterscheidet Menschen mit hoher emotionaler Selbsterkenntnis von anderen: sie sind bereit und bemüht, jede Gelegenheit zu nutzen, ihre Fähigkeiten zu trainieren. Emotionale Selbsterkenntnis ist keine mechanische Tätigkeit, wie das Radfahren. Das kann man ja bekanntlich nicht verlernen. Es will ständig trainiert werden. Zum Glück bietet uns der Alltag ein reiches Übungsfeld. Selbsterkenntnis für Führungskräfte

Prof. (op) Göran Askeljung, BcEE – ist Geschäftsführer und Senior Trainer bei Askeljung Associates und immediate effects Ltd., Certified Facilitator und Partner von Consensus in NY, und Leitet Consensus Österreich und Deutschland. Er ist Vorstandsmitglied in der Schwedischen Handelskammer in Österreich und Mitglied des Beirats von WdF. Er war früher u.a. als Managing Director von Microsoft MSN in Österreich und Geschäftsbereichsleiter von Ericsson Data CEE in Wien tätig.

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