Konflikttypen erkennen: Welche es gibt und was sie brauchen

Wir sind tagtäglich von ihnen umgeben. Manche bemerken wir gar nicht, andere fressen uns auf. Mit Empathie können wir fast alle von ihnen besser lösen. Einige sind aber so komplex, dass eine Strategie benötigt wird. Vielen liegt ein Missverständnis zugrunde, bei anderen prallen grundsätzliche Wertevorstellungen aufeinander. Manche sind fruchtbar und bringen uns weiter, andere sind reine Energieverschwendung. Die Rede ist von Konflikten. Konflikttypen erkennen. 

Bei uns daheim geht es schon morgens los mit den Konflikten: die Kinder wollen nicht aus dem Bett, mein Mann und ich haben unsere Termin nicht gut abgesprochen und benötigen nun eine Lösung für den Abend. Auf dem Weg zur Schule werde ich von einem grantigen Mann angemosert. Ich bin ihm nicht schnell genug aus dem Weg gegangen. Ganz klar, das sind alles klitzekleine Konflikte, die schnell zu lösen sind und mir keine schlaflosen Nächte bereiten. Aber bis ich wieder an meinem Schreibtisch sitze, habe ich schon einige Probleme gelöst. Wir wir alle. Ein ganz schöne Leistung, wie ich finde.

Jetzt soll es aber um die schwierigen Konflikte gehen. Jene, denen man nicht aus dem Weg gehen kann und die unbedingt eine Lösung brauchen, weil sonst Prozesse – berufliche oder privat – ins Stocken geraten. Im beruflichen Kontext sind hier vor allem Führungskräfte gefordert. Sie müssen

  • Konflikte frühzeitig erkennen
  • die Art der Konflikte voneinander unterscheiden können
  • die passende Herangehensweise für die einzelnen Konflikttypen anwenden

Weil im Zentrum eines jeden Konflikts die Beteiligten stehen, ist das Erkennen der verschiedenen Konflitkttypen besonders relevant.

Ich oder Wir

Für die erste, ganz grobe Unterteilung kann man die beiden Extreme „Vermeider“ und „Kämpfer“ unterscheiden.

Die folgende Matrix verfeinert die Unterteilung. Ausgangspunkt ist die Frage: Welche Interessen stehen bei den Beteiligten im Vordergrund: die eigenen Interessen oder die gemeinsamen.

 

Konflikthandhabungsstile

Quelle: Wahren (1994), S. 199

1. Vermeider

Der Vermeider ignoriert Konflikte. Er hält Reibung schwer aus. Deshalb fällt es ihm schwer sowohl für eigene, als auch für gemeinsame Interessen einzustehen. Das können Sie tun: Ermutigen Sie Vermeider, ihre Meinung und Wünsche zu äußern. Eventuell müssen Sie etwas Geubrtshilfe dabei leisten. Bitten Sie um konkrete Aussagen. Weisen Sie darauf hin, wenn der Vermeider zu ungenau ist und Sie ihn deshalb nicht genau verstehen.

Das können Sie tun: Signalisieren Sie Verständnis. Vermeider brauchen das Gefühl, dass ihre Meinung ebensoviel wert ist wie die der anderen. Bewerten Sie nicht (davon hat der Vermeider bereits genug im Rucksack). Fragen Sie ihn immer wieder direkt um seine Meinung und notieren Sie seine Aussagen. Beziehen Sie sich auf seine Aussagen („wie xy ja richtig bemerkt hat…“)

2. Kämpfer

Der Kämpfer befindet sich stetig im Kampfmodus. Er wittert überall Übervorteilung und Nachteile für seine eigene Person. Daher ist er häufig mißtrauisch. Die Mittel, um seine Interessen durchzusetzen sind von autoritärem Stil.

Das können Sie tun: Kämpfer sind ständig unter Stress. Es mangelt ihnen an Vertrauen. Zeigen Sie dem Kämpfer, dass Sie zuhören, aber zeigen Sie auch klare Schranken. Z.B. bei unpassendem Wortgebrauch, aggressivem Verhalten, Unterbrechen. Sprechen Sie ruhig offen aus, wenn Sie aggressives Verhalten wahrnehmen und machen Sie klar, dass Sie dieses Verhalten nicht akzeptieren. Dem Kämpfer ist oft gar nicht bewußt, wie unangenehm sein Verhalten ist. Für ihn ist es weitgehend normal. Konflikttypen erkennen. 

3. Anpasser

Der Anpasser kennt wohl seine eigenen Interessen, ordnet sie aber dem Gemeinwohl unter. Das Ergebnis ist für ihn langfristig unbefriedigend. Folglich kann es leichter zu erneuten Konflikten kommen.

Das können Sie tun: Geben Sie Anpassern Raum, die eigenen Interessen zu formulieren. Formulieren Sie dann in eigenen Worten, um sicher zu gehen, dass Sie alles richtig verstanden haben. Bitten Sie um Lösungsvorschläge. Konflikttypen erkennen. 

4. Kompromisstyp

Der Kompromisstyp respektiert die Positionen der anderen Seite. Er setzt auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. In seiner Strategie bietet er  Verzicht an und erwartet auch vom Gegenüber Verzicht.

Das können Sie tun: Der Kompromisstyp ist bereits ein angehemer Konfliktpartner (wirklich ein „Partner“). Wenn er den Unterschied zwischen „Positionen“ und „Interessen“ erkannt hat, wird er Ihnen beim kooperativen Ansatz eine Unterstützung sein.  Konflikttypen erkennen. 

5. Kooperativer Streiter

Der kooperative Streiter fokussiert auf Interessen. Anders als beim Kompromiss, bei dem Positionen verhandelt werden, bemüht sich dieser Typ um ein gemeinsames Ziel, hinter dem alle Parteien möglichst uneingeschränkt stehen können. Diese Strategie ist langfristig für alle Beteiligten am befriedigsten.

Das können Sie tun: Nichts! Freuen Sie sich über kooperative Streiter. Natürlich wird er sich darüber freuen, dass Sie seinen Beitrag erkennen und Ihre Wertschätzung ausdrücken.

Zunächst sollten Sie sich als Führungskraft selbst bewußt werden, zu welchem Konflikttyp Sie gehören. Extrempositionen sind immer hinderlich, aber gerade im Fall einer Führungskraft ist vor allem der Vermeidertyp besonders fatal. Konflikte zu ignorieren führt über kurz oder lang zu einer Ex- oder Implosion.  Konflikttypen erkennen. 

Belehren, beschuldigen, zerreden, ducken

Virginia Satir, eine der Mitgegründerinnen des NLP nimmt eine andere Einteilung vor. NLP genießt einen nicht ganz ungetrübten Ruf. Vielfach wird es als Manipulationswerkzeug missbraucht. Virginia Satir selbst ging es aber immer nur um ein Miteinander. Der Manipulationsgedanke lag ihr völlig fern. Deshalb können Sie selbst, wenn Sie NLP kritisch gegenüberstehen, diese Einteilung als hilfreiche Orientierung verwenden. Vor allem die Reaktion des Gegenübers macht Satir’sche Einteilung wertvoll: so können Sie anhand Ihrer eigenen Reaktion einen guten Rückschluß auf das Konfliktverhalten des anderen ziehen.

1. Der Beschwichtiger

Der Beschwichtiger ist sehr zurückhaltend, bis zur Selbstverleugnung. Es stimmt schnell zu, nimmt eigene Aussagen bei Gegenwind zurück. In seiner Körpersprache macht er sich klein (zusammengezogene Schultern), die Stimme ist leise.

Reaktion auf den Beschwichtiger: Schuldgefühl oder Verachtung  Konflikttypen erkennen. 

2. Der Ankläger

Der Ankläger ist auf der Suche nach Schuldigen. Er droht oder fordert ungehemmt. Die Körpersprache ist raumgreifend (gespreizte Beine; nach vorne gelehnt; Zeigefinger), ebenso wie die Stimme.

Reaktion auf den Ankläger: Angst, Rückzug, Ärger, Verunsicherung  Konflikttypen erkennen. 

3. Der Rationalisierer

Der Rationalisierer stützt sich auf Fakten. Er hat wenig Gespür für Stimmungen und gerät oft ins Dozieren. Empathisches Handeln fällt ihm schwer, weshalb er Argumente die nicht auf Fakten basieren nicht nachvollziehen kann und ablehnt. Auch sich selbst gegenüber ist er unempathisch. Was er nicht analytisch herleiten kann, ist „Humbug“. Er sieht sein Gegenüber kaum an, die Körperhaltung ist wie eingefroren (verschränkte Arme).

Reaktion auf den Rationalisierer: gelangweilt, überfordert, zum Schulkind degradiert.  Konflikttypen erkennen. 

4. Der Ablenker

Der Ablenker springt von Thema zu Thema. Er unterbricht, kann nicht gut zuhören. Spannungen versucht er mit Witzeleien und Sarkasmus abzubauen.

Reaktion auf den Ablenker: Irritiert, verägert, konfus.

Keiner der oben genannten Typen hat ein förderliches Konflitkverhalten. Das liegt nach Virginia Satir daran, dass diese Menschen sich nicht kongruent verhalten, weil sie sich selbst und ihre eigenen Bedürfniss nicht kennen.

Nähern Sie sich allen Typen durch aktives Zuhören. Damit erreichen Sie, dass Ihr Gegenüber sich öffnen kann.

Eine sehr detaillierte Einteilung ist die nach Myers-Briggs. Dazu mehr im nächsten Beitrag. Konflikttypen erkennen.

 

Prof. (op) Göran Askeljung, BcEE – ist Geschäftsführer und Senior Trainer bei Askeljung Associates und immediate effects Ltd., Certified Facilitator und Partner von Consensus in NY, und Leitet Consensus Österreich und Deutschland. Er ist Vorstandsmitglied in der Schwedischen Handelskammer in Österreich und Mitglied des Beirats von WdF. Er war früher u.a. als Managing Director von Microsoft MSN in Österreich und Geschäftsbereichsleiter von Ericsson Data CEE in Wien tätig.

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