Konflikte im Team: So erkennen Sie sie, so lösen Sie sie

Denken Sie bitte einmal kurz nach: wie viele Konflikte, seien sie auch noch so klein, haben Sie heute schon beobachtet? Bei wie vielen Konflikten waren Sie selbst aktiver Teil? Der Kampf um den letzten Sitzplatz in der U-Bahn. Der böse Blick aus dem benachbarten Autofenster an der Ampel (und Sie haben keine Ahnung warum)? Das Ringen im Büro mit einem säumigen Kollegen?

Ich möchte mit dieser Frage Ihren Blick dafür schärfen, dass wir täglich mehreren Konfliktsituationen ausgesetzt sind. Manche davon rufen wir selbst hervor, andere werden uns quasi präsentiert. Manchmal wissen wir schon vorher, dass es jetzt zu einer Auseinandersetzung kommen wird, manchmal trifft uns ein Konflikt unerwartet. Diese vielen kleinen Konflikte erledigen wir nebenher, am Ende des Tages haben wir sie hoffentlich schon wieder vergessen. Konflikte erkennen

Verschließen Sie die Augen nicht vor Konflikten

Konflikte an sich sind gut: sie machen deutlich, wo jeder steht, sie zeigen Verbesserungsbedarf auf und sie bringen uns zum Handeln. Allerdings wissen wir auch, dass Konflikte von der produktiven Phase in die destruktive Phase rutschen können. Wenn sie dort bleiben, richten sie großen Schaden an. Fast alle Bereiche eines Unternehmens können in Mitleidenschaft gezogen werden. Zuerst bemerkt man Konflikte, die lange schwelen an den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Besser gesagt: man könnte sie merken. Denn eines ist klar, ohne einen aufmerksamen Blick und ohne das Gespür für die Stimmung im Team, machen es sich viele Führungskräfte gerne leicht. „Na, da stimmt eben die Chemie nicht.“ Weil persönliche Konflikte oft nicht als unternehmensrelevant verstanden werden, werden sie bewusst übersehen und als kleine Lästigkeit eben hingenommen. Ein großer Fehler.

Es ist schon richtig: Konflikte zu erkennen – noch dazu in einem frühen Stadium – braucht ein sehr gutes Einfühlungsvermögen. Manche Menschen haben von Natur aus dieses sensibles Radar für andere. Sie bemerken schnell, wenn etwas in Schieflage gerät.

Es gibt aber auch gut dokumentierte Merkmale, die uns zeigen, wenn es Zeit zum Handeln wird. Noch bevor sich die Konflikte in den Zahlen ausdrücken (mangelnde Produktivität, schlechte Qualität, Krankentage, Mitarbeiterfluktuation), zeigen sie sich im Verhalten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Kolleginnen und Kollegen und natürlich auch Vorgesetzten. Konflikte erkennen

Offen oder verdeckt?

Im Konfliktamagement wird zwischen offenen und verdeckten Konflikten unterschieden. Die Konfliktforscherin Jutta Kreyenberg hat die Symptome sehr übersichtlich kategorisiert. Sie unterteilt die Anzeichen für offene und verdeckte Konflikte in verbal und nonverbal.

Bevor Sie jetzt einen Schreck bekommen, weil Sie heute schon bis zur Mittagspause die Hälfte der aufgeführten Symptome bei sich oder anderen entdeckt haben, sollen Sie wissen: alle diese Anzeichen können natürlich auch völlig harmloser Natur sein. Treten die Anzeichen vereinzelt auf, kann man sie zunächst unter „Ausrutscher“ ad acta legen. Stellen sich die Verhaltensweisen allerdings als Muster heraus, dann besteht Handlungsbedarf. Dann haben Sie entweder einen latenten Konflikt im Team, oder aber dieses Verhalten wird in absehbarer Zeit zu einem Konflikt führen. Konflikte erkennen

Konflikt erkannt und dann?

Was tun, wenn Sie einen Konflikt identifiziert haben?

  1. Bitten Sie offen zu einem Gespräch. Offen bedeutet, dass Sie Ihren Gesprächspartner ehrlich darüber informieren, warum Sie ihn oder sie zu einem Gespräch bitten. Achten Sie aber darauf, dass Sie wertfrei formulieren, sonst finden Sie sich sofort in einer Verteidigungsrede wieder. Formulieren Sie aus Ihrer Sicht: „Mir ist aufgefallen dass Du/Sie in letzter Zeit…..Ich möchte darüber mit Dir/Ihnen sprechen.“
  2. Für verdeckte Konflikte empfiehlt es sich, mit jedem zunächst einzeln zu sprechen. Bedenken Sie, dass das Vertrauen massiv gestört ist und die Beteiligten sich Ihnen nur in einer ungestörten Atmosphäre öffnen können.
  3. Zeigen Sie Interesse an einer Lösung. Halten Sie sich von Anschuldigungen und Vermutungen fern. Ihre Aufgabe ist es zunächst nur aufzunehmen, was die anderen Ihnen mitteilen möchten. Das wird Ihnen leichter fallen, wenn Sie sich mit den Regeln des aktiven Zuhörens vertraut machen.
  4. Jetzt ist es Zeit, alle an einen Tisch zu bitten. Zeigen Sie Verständnis für alle Seiten. Spiegeln Sie, was Sie wahrgenommen und erfahren haben. Das heißt konkret: wiederholen Sie mit Ihren eigenen Worten. Indem Sie das tun, ermöglichen Sie allen, sich in die Position der/des anderen zu versetzen. Außerdem können Sie so sicher gehen, alles richtig verstanden zu haben.
  5. Finden Sie die Interessen hinter den Positionen. Was genau möchten die Konfliktparteien mit ihrem Verhalten eigentlich erreichen? Das kann kompliziert werden, denn meistens wissen die das selbst nicht genau. Die Interessen dümpeln vielfach im Unterbewussten herum. Sind sie erstmal an die Oberfläche gebracht und definiert, haben Sie das größte Hindernis auf dem Weg zu einer Einigung überwunden.
  6. Die Lösung sollte im besten Fall von den Beteiligten völlig selbständig gefunden werden. Wenn es irgendwie möglich ist, sollten Sie sich auf die Moderation beschränken. Warum? Selbst getroffene Vereinbarungen werden verbindlicher eingehalten. Hilfreich sind Fragen wie „Was sollte sich ändern, damit XY eintreten kann?“,  „Was erwarte ich von Z?“, „Warum möchte ich, dass….?“.

Behalten Sie Ihre Gesprächspartner weiter im Auge, aber kontrollieren Sie nicht. Nach ein paar Wochen ist es ratsam alle Beteiligten nochmals zu einer Besprechung zu bitten, damit Sie sich von den Veränderungen ein Bild machen können. Bei einem schweren Konflikt, lohnt es sich, auch hier vorerst das Gespräch mit jedem Einzelnen zu suchen. Konflikte erkennen

 

 

Prof. (op) Göran Askeljung, BcEE – ist Geschäftsführer und Senior Trainer bei Askeljung Associates und immediate effects Ltd., Certified Facilitator und Partner von Consensus in NY, und Leitet Consensus Österreich und Deutschland. Er ist Vorstandsmitglied in der Schwedischen Handelskammer in Österreich und Mitglied des Beirats von WdF. Er war früher u.a. als Managing Director von Microsoft MSN in Österreich und Geschäftsbereichsleiter von Ericsson Data CEE in Wien tätig.

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