Erfolgreich verhandeln Teil 6 – BATNA

Verhandlungsführung für Experten

Alternativen

In den letzten fünf Teilen zur Verhandlungsführung bin ich immer davon ausgegangen, dass die Verhandlungspartner zu einer gemeinsam beschlossenen Vereinbarung finden. Heute kommen die Leser und Leserinnen zum Zug, die sich vielleicht schon die ganze Zeit gedacht haben, dass sie sich im Land des Wunschdenkens befinden. Was nämlich, wenn es zu keiner Vereinbarung kommt? Ist dafür gar keine Strategie vorgesehen?

Wenn die Verhandlungen ins Stocken geraten

Doch – auch dafür gibt es eine Strategie, die bereits vor Verhandlungsbeginn vorbereitet werden sollte. Wenn Verhandlungen ins Stocken geraten, wenn es absehbar ist, dass es zu keiner gemeinsamen Lösung kommt, dann sollten Sie etwas als Rückhalt haben: die BATNA.

BATNA steht für Best Alternative to a Negogiated Agreement. Also die beste Alternative, die Sie im Vergleich zu einer Einigung haben. Es ist wichtig und ein essentieller Faktor für den Verhandlungserfolg, die eigenen besten Alternativen zu kennen. Das gilt natürlich auch für Ihre Partner. Es mag ein vermeintlicher Vorteil sein, wenn nur Sie Ihre BATNA im Gepäck haben, aber langfristig wird das die Verhandlungen nur verzögern und nur zu einer instabilen Einigung führen. Achten Sie also darauf, dass auch Ihr Gegenüber seine Alternativen kennt.

Was Sie allerdings nicht tun sollten, sind Ihre Alternativen sofort offen auf den Tisch legen. Es geht lediglich darum zu signalisieren, dass Sie Alternativen kennen und auch bereit sind, diesen den Vorzug zu geben. Dabei sollen die BATNA kein Instrument der Drohung sein. Denn an oberster Stelle steht immer noch eine gemeinsame Lösung zu finden. Zudem gehen Sie selbst auch davon aus, dass Ihre Gesprächspartner Alternativen haben und die wollen Sie ebenfalls nicht als Drohinstrument zu spüren bekommen.

Mit offenen Karten

An einem bestimmten Punkt in der Verhandlung kann es jedoch durchaus sinnvoll sein, Ihre BATNA offen zu legen. Dann kann Ihre beste Alternative der Rahmen für ein mögliches Teilziel sein. Ihre BATNA und auch die Ihrer Partner sind als Orientierung zu sehen: es sind die Minimallösungen, die keine Partei bereit ist zu unterschreiten. Auch das zu benennen, kann unter Umständen nötig sein. Wenn Sie einen Verhandlungsführer oder eine Verhandlungsführerin an Bord haben, überlassen Sie es ihnen, den richtigen Zeitpunkt dafür zu finden.

Ihre Alternativen und Ihr Minimalziel zu kennen soll Sie davor bewahren, in langwierigen Verhandlungen um des Abschlusses willen Lösungen zu akzeptieren, die Sie später bereuen. Sie sollen Ihre Position stärken. Gehen Sie mit gut durchdachten und realistischen BATNA in eine Verhandlung, haben Sie viel weniger Druck – denn Sie können aussteigen und fangen nicht bei Null an.

Geht es um hochsensible Verhandlungen – beispielsweise in der Politik – ist es empfehlenswert, ein Zeichen zu vereinbaren, um zu signalisieren, dass eine der Parteien kurz vor dem Ausstieg steht.

BATNA finden

Sie sehen schon – damit Ihre BATNA ein wirkungsvolles Verhandlungsinstrument sind, braucht es einiges an Vorbereitung. Was also ist genau zu tun, um realistische und befriedigende Alternativen zu finden?

  1. Zieldefinition
    Natürlich kennen Sie Ihr Ziel bereits. Trotzdem, vor dem Hintergrund der möglichen Alternativen sieht die Definition vielleicht doch noch etwas anders aus. Betrachten Sie Ihr Ziel also auch unter dem Gesichtspunkt, Alternativen erarbeiten zu können. Wenn Sie ein Ziel alternativlos formulieren, werden Sie ohne BATNA in die Verhandlung gehen müssen. Wenn Sie z.B. ein Haus bauen wollen und Sie nur mit dem Chef/Chefin selbst zusammen arbeiten wollen, werden Sie zu diesem Aspekt keine Alternativen finden können. Denn wenn der Chef/Chefin nicht kann oder möchte, gibt es keinen Klon.
  2. Alternativen
    Finden Sie soviele Alternativen, Ihr Ziel annähernd auch anderweitig zu erreichen. Da Sie davon ausgehen, das beste Ergebnis mit dem bereits ausgewählten Verhandlungspartner zu erzielen, werden die Alternativen vermutlich immer ein „Aber“ haben. Wägen Sie die „Abers“ ab, und definieren so Ihre beste Alternativ.
  3. Vorfühlen
    Wenn Sie die Möglichkeit haben, recherchieren Sie ruhig schon vorab zu Ihren besten Optionen. Treten Sie in Kontakt mit anderen möglichen Verhandlungspartnern (außer natürlich bei sehr sensiblen Verhandlungsinhalten). Erkundigen Sie sich nach Preisen, machen Sie sich auf die Suche nach Referenzen.
  4. Rückhalt holen
    Wenn Sie im Team, oder stellvertretend für ein Team/eine Firma am Verhandlungstisch sitzen, stellen Sie sicher, dass alle gleich gut über die BANTA informiert sind. Sie müssen sich 100% einig darüber sein, wann sie den Ausstieg anstreben. Das wiederum kann bedeuten, dass interne Verhandlungen notwendig sind.
  5. Die BANTA der anderen
    Genauso wie Sie, wird auch Ihr Gegenüber Stillschweigen über seine BANTA bewahren. Vermutlich können Sie sich aber dennoch ein paar Alternativszenarien vorstellen. Schließlich sind Sie gut in das Thema eingearbeitet. Verbeißen Sie sich aber nicht. Letztendlich sind es doch nur – wenn auch gut begründete – Vermutungen.

 

 

 

 

Prof. (op) Göran Askeljung, BcEE – ist Geschäftsführer und Senior Trainer bei Askeljung Associates und immediate effects Ltd., Certified Facilitator und Partner von Consensus in NY, und Leitet Consensus Österreich und Deutschland. Er ist Vorstandsmitglied in der Schwedischen Handelskammer in Österreich und Mitglied des Beirats von WdF. Er war früher u.a. als Managing Director von Microsoft MSN in Österreich und Geschäftsbereichsleiter von Ericsson Data CEE in Wien tätig.

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