Motivation! Bitte in Deckung gehen

Achtung! Dieser Artikel könnte Ihnen ganz und gar nicht gefallen. Er hinterfragt nämlich den Sinn von Motivation. Genauer gesagt, von Motivation die von außen kommt. Also durch Führungskräfte, Eltern, Lehrerinnen und Lehrer. Intrinsische Motivation

Was zuviel Lob zerstört

Wenn Sie Kinder haben, dann kennen Sie sicher auch diese Szenen vom Spielplatz, wo jede Bewegung und Regung der Kinder von ihren Eltern mit großem „Hallooo“ und einem Lobesschwall quittiert werden. Ich kann es ja zugeben: ich war auch so jemand. In meiner Vorstellung von einer motivierenden Beziehung zu meinen Kindern, dachte ich, das gute Gefühl durch mein Lob würde sie anspornen. Außerdem dachte ich, sie könnten enttäuscht sein, wenn ich nicht völlig aus dem Häuschen geriete. Eine Beobachtung brachte mich schwer ins Grübeln: ein kleines Mädchen erstieg mühsam, aber stetig eine Treppe. Hinter ihr die Mutter und dahinter die Oma. Irgendwann meinte die Oma empört „Du musst sie schon loben, wenn sie so toll die Treppe hinaufgeht!“ Darauf die Mutter sehr gelassen und sicher: „Wieso? Ich lobe Dich ja auch nicht dafür!“

Im ersten Moment erschien mir das herzlos. Aber dann wurde mir ganz schnell klar: diese junge Frau hatte recht. Denn für ihre kleine Tochter war es ja ganz normal, sich anzustrengen. Sie wollte ja alleine die Treppe hochkommen. Und mit ihren kleinen Beinen ging das eben nur unter Anstrengung. Hätte die Mutter sie nun dafür gelobt, hätte sich das Mädchen erst gewundert und dann wohl gedacht „Aha, Anstrengung ist etwas Besonderes. Dafür wird man gelobt. Und Mama ist stolz. Es ist schön, wenn Mama so strahlt. Ich werde wieder versuchen, sie so zum Strahlen zu bringen.“ Und schon ist der erste Stein gelegt, damit die Kleine nicht mehr etwas für sich tut, sondern für Mama, Oma, Papa, Lehrer….. Und natürlich muss hinterher schon auch ein Lob rausspringen. Sonst war’s ja nix wert. Durch zuviel Loben zerstören wir eines der tollsten Werkzeuge, das wir Menschen für unser Tun haben: die intrinsische Motivation.

Was die intrinsische Motivation der extrinsischen voraus hat

Eines meiner Lieblingsexperimente zur Illustration der intrinsischen Motivation stammt von Edward Deci aus den 70er Jahren. Deci bat Studenten ein damals sehr beliebtes Puzzle, den Soma Cube, zu lösen. Er teilte die Stundenten in zwei Gruppen. Der einen Gruppe bot er Geld für das erfolgreiche Lösen, der anderen Gruppe nicht. Nach einer Zeit ließ Deci die Studenten wissen, die Zeit sei um und verließ den Raum. Aus dem Nebenzimmer beobachtete er die Studenten.

Sie können sich vermutlich schon denken, wie das Experiment weiterging: die Geld-Gruppe hörte auf, sich mit dem Puzzle zu beschäftigen. Die andere Gruppe tüftelte weiter.

Die Kraft der intrinsischen Motivation ist es, die uns auch bei Schwierigkeiten nicht aufgeben lässt, die uns die Zeit vergessen lässt, die uns – und das finde ich am wichtigsten – unabhängig macht.

Im Unterschied zur intrinsischen Motivation ist die extrinsische Motivation immer nach außen gerichtet:

  • instrumentell: Vorteile und Belohnungen von außen
  • äußeres Selbstverständnis: wie bewerten andere mich? Wie gut erfülle ich die Erwartungen Dritter?
  • Internalisierung von Zielen: Ziele anderer mache ich zu meinen eigenen

Wer nur extrinsisch motivert arbeitet, der hängt am Tropf von anderen. Aber nicht nur das. Diese Haltung birgt noch eine andere Falle: die Erwartung an andere, sie mögen uns doch bitte loben, uns befördern und auszeichnen. Zwei nicht gerade förderliche Zutaten für wirklich selbständiges Agieren.

„Ja was?“ denken Sie jetzt vielleicht. „Wir leben doch in einem beständigen Mangel an Wertschätzung. Das soll jetzt auf einmal gut sein?“ Nein. Verwechseln Sie nicht Lob mit Wertschätzung. Wertschätzung heißt schlicht und einfach eines: das Tun der anderen wahrzunehmen. Stellen Sie sich vor, Frau X hat an einem aufwändigen Bericht geschrieben. Es war wirklich viel Recherchearbeit und jetzt präsentiert sie ihre Ergebnisse. Ihre Vorgesetzte könnte nun sagen:

  • „Frau X, das war eine sehr aufwändige Arbeit. Ich kann mir vorstellen, dass Sie so manche harte Nuss zu knacken hatten.“     Oder
  • „Frau X, das haben Sie wirklich großartig gemacht. Dafür haben Sie sich wirklich ein Lob verdient.“

Die erste Aussage ist wertschätzend, die zweite lobend. Frau X wird sich sicher über beide freuen, aber nur im ersten Fall hat ihre Vorgesetzte wirklich hingesehen. Intrinsische Motivation

Das können Führungskräfte tun

  1. Entscheidungen gemeinsam treffen
    Da die intrinsische Motivation sehr von den eigenen Werten abhängt, ist es Gold wert, wenn die Mitarbeiter die getroffenen Entscheidungen voll und ganz unterstützen. Versuchen Sie also herauszufinden, wo Ihre Mitarbeiter vielleicht Schwierigkeiten mit Entscheidungen haben. Sie können Ihnen dann zumindest die Freiheit lassen, wie sie diese Entscheidung umsetzen.
  2. Ziele erklären
    Vor allem wer schon lange in einer Firma arbeitet, vergisst über die Jahre oft das übergeordnete Ziel – das Unternehmensziel. Stattdessen arbeitet man in seinem eigenen Mikrokosmos. Wenn Sie nachvollziehbar machen, wie die Aufgabe dem Unternehmensziel nützlich ist, bekommt der Aufgabenbereich plötzlich viel mehr Sinn.
  3. Klar sein
    Machen Sie klar, dass Sie kein Fan von extrinsischer Motivation sind. Im Gegenzug erhalten Ihre Mitarbeiter mehr Freiheit zu selbständigem Arbeiten. D.h. natürlich auch, dass im Unternehmen eine konstruktive Fehlerkultur herrschen sollte.
  4. Grundlegende Bedürfnisse
    Soziale Einbindung, Sicherheit und Wirksamkeit – wenn Sie Ihre Mitarbeiter in diesen Bedürfnissen unterstützen, stärken sie deren intrinsischen Antrieb. Mit anderen Worten: sorgen Sie für ein gutes Betriebsklima. Lassen Sie mich hier ganz deutlich sein: die alljährliche Weihnachtsfeier wird da nicht ausreichen.
  5. Weiterentwicklung
    Haben Sie keine Angst davor, dass Ihre Angestellten sich mit der Weiterbildung in der Tasche auf zur nächsten Firma machen. Ja, vielleicht passiert das mal. Aber die meisten werden Ihr Engagement zu schätzen wissen und loyal sein. Es wäre ja auch widersinnig, den Ort und den Menschen zu verlassen, der mich fördert und mein Potential sieht. Intrinsische Motivation

Prof. (op) Göran Askeljung, BcEE – ist Geschäftsführer und Senior Trainer bei Askeljung Associates und immediate effects Ltd., Certified Facilitator und Partner von Consensus in NY, und Leitet Consensus Österreich und Deutschland. Er ist Vorstandsmitglied in der Schwedischen Handelskammer in Österreich und Mitglied des Beirats von WdF. Er war früher u.a. als Managing Director von Microsoft MSN in Österreich und Geschäftsbereichsleiter von Ericsson Data CEE in Wien tätig.

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